Wolfgang Kreuzhuber: Die dänische Orgelreform und was von ihr blieb
Prof. Mag. Dr. Wolfgang Kreuzhuber: „Die dänische Orgelreform und was von ihr blieb“ (12. Oktober 2018)
„Ein beeindruckendes Instrument, aber wir würden heute vieles anders machen“ – dieser auf den ersten Blick widersprüchliche Satz eines Intonateurs über die Rudigierorgel brachte Wolfgang Kreuzhuber auf die Idee, in seinem Referat am 12. Oktober 2018 im Rahmen des Symposiums zum Rudigierorgel-Jubiläum „die dänische Orgelreform und was von ihr blieb“ in den Blick zu nehmen.
Basis: „Über aktuelle Orgelbaufragen“
Als Basis für sein Referat wählte Wolfgang Kreuzhuber Sybrand Zachariassens Grundsatzdokument „Über aktuelle Orgelbaufragen“, das dieser 1952 erstmals bei einem Kirchenmusikkongress in Bern präsentierte. In leicht adaptierter Form hielt Zachariassen den Vortrag erneut beim Kirchenmusikkongress im Oktober 1954 in Klosterneuburg – dies sollte sich für die Konzeption der Rudigierorgel durch Egon Krauss, Anton Heiller und Hans Haselböck als bedeutsam erweisen, so Kreuzhuber.
Aus diesem Grund stellte Kreuzhuber Zachariassens Grundsatzpapier in seinen Kernpunkten vor und setzte es mit ihrer Verwirklichung bei der Rudigierorgel, die als Höhepunkt der dänischen Orgelreform gilt, in Beziehung. Im Anschluss daran überprüfte Kreuzhuber die formulierten Lehrsätze auf ihre heutige Gültigkeit.
Sybrand Zachariassens Gedanken
Ausgehend von Zachariassens Grundgedanken, dass „der Aufbau der Orgel, ihre Disposition, ihre Windladen, ihre Mechanik, ihr Orgelgehäuse und ihre Orgelfassade von einander abhängig sind […]“ präsentierte Kreuzhuber Zachariassens Lehrsätze zu Aufstellungsort und Größe von Orgeln, Disposition (u.a. Aliquotstimmen, Spanische Trompeten), Konzeptionen von mehrmanualigen Orgeln, Werkverteilung, Mensuren (u.a. keine weiten Mensuren, Klang der alten Orgeln), Windladensystem (u.a. Schleifladenkonstruktion, Barkermaschine), Intonation (u.a. Vollwindintonation, Kernstiche, offene Pfeifenfüße) sowie Gehäuse und Gehäusegestaltung (u.a. Aufgabe des Gehäuses, geschlossenes Gehäuse, Freipfeifenprospekt, Überlängen der Pfeifen) in den Blick. Nicht angesprochen wurden in Zachariassens Vortrag das Pfeifenmaterial und die Windversorgung.
Umsetzung der Grundsätze bei der Rudigierorgel
Punkt für Punkt ging Kreuzhuber der Frage nach: Wie wurde dies bei der Rudigierorgel umgesetzt? Und wie baut man nach heutigen Gesichtspunkten eine Orgel? Kreuzhuber kam zu dem Schluss, dass auch wenn sich in den Ansichten zu Orgelklang und Orgelbau ein eindeutiger Wandel vollzogen hat, einige Grundsätze Zachariassens bis heute zur Gänze, manche noch für den historisierenden Orgelbau und nur wenige gar nicht mehr gelten.
Beispielhaft explizierte Kreuzhuber den Lehrsatz zu Größe und Disposition anhand der Rudigierorgel, indem er den Zugang der Gebrüder Kronsteiner schilderte, die sich zunächst für die größte Kirche Österreichs auch die größte Orgel Österreichs mit mindestens 150 Registern wünschten. Doch da hatten die beiden nicht mit Sybrand Zachariassen gerechnet, der – so Kreuzhuber – gesagt haben soll: „Ich baue Ihnen 71 Register und keines mehr!“ Und wie die Umsetzung bei der Rudigierorgel zeigt, reichen durch ideale Voraussetzungen und eine ideale Positionierung der Orgel 70 Register aus, um den riesigen Mariendom mit Klang zu füllen.
Moderner Klassiker: Rudigierorgel
Für Kreuzhuber stellt die Rudigierorgel im Linzer Mariendom den Typus einer „klassisch-modernen Orgel“ dar – oder wie er es im Vortrag formulierte: „Sie ist eine moderne Orgel, die zum Klassiker geworden ist, weil alles darauf gespielt werden kann.“ Und so versprach der Linzer Domorganist am Ende seines Referats, dass – solange er darauf Einfluss nehmen könne – an dieser Orgel nichts verändert werde, denn: „Sie ist ein Klangdenkmal, sie ist ein Klassiker!“
(sp)