Orgelexkursion III: Alter Dom
Beschreibung der Orgel
Das Instrument wurde ursprünglich für die Stiftskirche Engelszell gebaut. In ihrer ersten Gestalt existierte die Orgel, die der energische und kunstsinnige Engelszeller Abt Matthias Reichl für die in den Jahren 1754 – 1763 neu gebaute Stiftskirche in Auftrag gegeben hatte, nur etwa 30 Jahre. Abt Reichl hatte die große Orgel bei dem aus Reiffenberg in der Krain stammenden Orgelbauer Franz Xaver Krismann in Auftrag gegeben. [...]
Der Engelszeller Abt Reichl starb im Jahre 1786, unmittelbar darauf wurde das Stift Engelszell von Kaiser Joseph II. aufgehoben und das Inventar verkauft. Nachdem die Linzer Jesuitenkirche inzwischen zur Domkirche der neu errichteten Diözese Linz erhoben worden war und keine repräsentative Orgel besaß, suchte das Domkapitel nach einem guten Instrument in einem der aufgehobenen Klöster. Die Wahl fiel auf die fast neue Engelszeller Orgel, die im Jahr 1789 von Krismann selbst auf Donauschiffen nach Linz transportiert wurde. Das Orgelgehäuse musste er bei der Aufstellung in Linz neu machen, die übrigen Teile des Instrumentes konnten von Engelszell weiterverwendet werden. Diese zweite Fassung der Krismann-Orgel bestand bis zum Jahr 1856, ein Jahr nachdem Anton Bruckner zum Linzer Domorganisten berufen wurde. Die klassische Barockorgel Krismanns, die im Hauptwerk als großes Blockwerk, im Nebenwerk mit zahlreichen geteilten Registern in italienischer Manier und mit einem kleinen Brüstungspositiv angelegt war, konnte die neuen liturgischen Aufgaben (Lied- und Choralbegleitungen) nicht mehr erfüllen. Daher initiierte Bruckner kurz nach seinem Amtsantritt den Umbau der Orgel durch den renommierten Ottensheimer Orgelbauer Josef Breinbauer. Von ihm haben wir Kenntnis über den Zustand der Orgel vor dem Umbau. [...]
Heute präsentiert sich die Orgel nicht nur als ein charakteristisches Klangdenkmal mit dem ganz eigentümlichen Charme des Südens, sondern auch als authentisches, in dieser Art einzigartiges Bruckner-Monument. Bruckners Einfluss auf die Konzeption des Instrumentes und die erstklassige Arbeit der beiden Orgelbauer Krismann und Breinbauer machen die Orgel in der Linzer Jesuitenkirche zu einem kostbaren Klangjuwel und einem besonders farbigen und schönen Beispiel österreichischer Orgelbaukunst.
(August Humer)
Disposition der Orgel
I. Hauptwerk CDEFGABHC–c3 |
Pordun 16′ Salicional 8′ Coppel 8′ Quint 6 Octav 4′ Piccolo 4′ Quint 3′ Superoctav 2′ Mixtur 7fach Cornett 4fach Sperrventil |
II. Mittelmanual CDEFGABHC–c3 |
Flauto 16′ Principal 8′ Coppel 8′ Gamba 8′ Vox humana 8′ Echo 8′ Octave 4′ Flöte 4′ Fagott 8′ Bass C – h Trombete 8′ Diskant c1-c3 Sperrventil |
III. Oberwerk CDEFGABHC – c3 |
Principal 8′ Coppel 8′ Salicet 8′ Spitzflöte 4′ Quint 3′ Superoctav 2′ Mixtur 3fach Sperrventil |
Pedal CDEFGABHC – Gis | (kurze Octave, 12 Töne repetierend, 17 Tasten) |
Principalbaß 16′+ 8′ Subbaß 16′ Octavbas 8′ Pedal Mixtur 6fach Pombarton 16′ Copula II – I Copula III – I |
Vorführung der Orgel
Mit Carl Philipp Emanuel Bachs (1714–1788) Sonate in g-Moll Wq. 70/6 (Allegro moderato – Adagio – Allegro) und Felix Mendelssohn Bartholdys (1809–1847) Präludium in d-Moll, op. 37, führte Gerhard Raab die Brucknerorgel im Alten Dom vor.