Klaus Birngruber: Das Bistum Linz um 1968
Mag. Klaus Birngruber: „Das Bistum Linz um 1968 – Aspekte der Diözesangeschichte in einer Zeit des Umbruchs“ (11. Oktober 2018)
„Das Bistum Linz um 1968 – Aspekte der Diözesangeschichte in einer Zeit des Umbruchs“ – diesen Titel hatte Klaus Birngruber, Leiter des Linzer Diözesanarchivs, beim Symposium „50 Jahre Linzer Rudigierorgel – ein Meilenstein“ am 11. Oktober 2018 im Linzer Priesterseminar für seinen Eröffnungsvortrag gewählt, der kurzweilig und facettenreich in jene geschichtsträchtige Zeit der 1968er hineinführte.
Charmant begrüßte Referent Klaus Birngruber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Bei einem Orgelsymposium habe ich wahrlich noch nie gesprochen. Das heißt, ich bin jener Referent, der am weitesten von Ihnen entfernt ist, als Historiker und Archivar – das muss aber nichts Schlechtes sein...“
Und das war es definitiv nicht – ganz im Gegenteil. Der Vortragende näherte sich dem Epochenjahr 1968, das aufgrund seiner zeitgeschichtlichen Brisanz auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Diözese Linz bewegte, auf verschiedene Weise.
1968 – Harmonie und Disharmonie rund um die Rudigierorgel
Einleitend richtete Birngruber den Blick auf die Entstehung der Rudigierorgel, die Protagonisten des Orgelprojekts und die Ziele, die das Weihefest verfolgte.
Daneben beleuchtete er aber auch Widerstände, die es rund um die Orgelweihe gab. Denn viel Neues war 1968 auf dem Weg, wo manch einer oder eine vielleicht auch nicht mehr mit kam – das war auch bei der Rudigierorgel nicht anders. Wie meinte der Archivar so treffend: „1968 wäre nicht 1968, wenn es nicht auch Misstöne hinsichtlich dieser Orgel gegeben hätte...“ Und die gab es – zum Beispiel in Leserbriefen des Linzer Kirchenblattes (heute: Linzer Kirchenzeitung), die eine energische Gegendarstellung nach sich zogen, wie Birngruber zitierte: „Kritiker, die heute gegen die Rudigierorgel aufstehen, sind zu spät aufgestanden. Sie hätten schon vor zehn Jahren ihren Mund aufmachen müssen. Schon 1958 war im Kirchenblatt von der geplanten Domorgel zu lesen und die Jahre her zu wiederholtem Mal.“
1968 – bunte Schlaglichter aus der Diözese Linz
Anschließend richtete Birngruber Schlaglichter auf die Diözese Linz, die sich damals im Um- und Aufbruch befand. Und wie könnte man in diesem Kontext „Schrägstrichbischof“ Franz Salesius Zauner, während dessen mehr als drei Jahrzehnte währendem Pontifikat die Rudigierorgel entstand, ausklammern? So skizzierte der Historiker Leben und Leistungen des Linzer Bischofs – darunter u.a. den Ausbau der Katholischen Aktion zu einer mächtigen Laienorganisation, die systematische Verstärkung des Einsatzes von Laien in der Seelsorge, die Verdichtung der Pfarrstrukturen, die Errichtung von Kirchenbauten und Pfarr-/Jugendheimen sowie die Förderung des katholischen Bildungswesens. Birngruber hob außerdem Zauners Rolle in der Liturgiekommission des Zweiten Vatikanischen Konzils hervor und wies auf die wichtigen Beschlüsse für die erneuerte Liturgie in der Konzilsgeschichte hin.
1968 – eine Annäherung
Eine Frage beschäftige Birngruber im Vorfeld seines Vortrags lange: „Wie lässt sich das Jahr 1968 diözesangeschichtlich charakterisieren und knapp skizzieren?“ Für seine Spurensuche hat der Historiker zwei Wege beschritten – zum einen förderte ein Blick in die Archivchronikdatenbank, in der diözesane Ereignisse knapp vermerkt sind, eine Fülle an diözesanhistorisch bedeutenden Ereignissen und Initiativen zu Tage, zum anderen brachte Bischof Zauners Quinquennalbericht 1968-1972/1973, der den Status (Zustand) der Diözese Linz an die Kurie übermittelte, spannende Einblicke in dieses markante Licht- und Schattenspiel in der Relatio des Bischofs.
So bot Klaus Birngruber mit seiner Chronologie der Geschehnisse – ausgehend von Dezember 1968 bis zurück in den Januar 1968 – ein spannendes und buntes Geflecht aus Beziehungen, Haltungen und Konstellationen, das er mit diesen Worten zusammenfasste: „Eine deutlich wahrnehmbare Polarisierung. Gesellschaft im Wandel. Kirche im Wandel. Ein Bischof, dessen Tatkraft und Fortschritt auf manchem Gebiet zukunftsweisend war und dessen Früchte bis heute viel Positives bewirken, im Herbst seiner Amtszeit, vom Zug der Zeit überrollt zu werden, drohte.“
(sp)