FESTLICH! mit Daniel Freistetter
Mit dem Matineekonzert FESTLICH! debütierte der junge Niederösterreicher Daniel Freistetter am 6. August 2023 beim domorgelsommerlinz23 an der Rudigierorgel. FESTLICH! präsentierte sich sein Matineekonzert mit Musik von Jehan Alain (1911–1940), Dieterich Buxtehude (um 1637–1707), Anton Heiller (1923–1979) und einer Improvisation von Daniel Freistetter (*2001).
Norddeutsch!
Mit Dieterich Buxtehudes Präludium und Fuge in d, BuxWV 140, eröffnete Daniel Freistetter sein Matineekonzert FESTLICH! und präsentierte damit eingangs ein fünfteiliges – ganz dem norddeutschen Stil, dem sogenannten stylus fantasticus verpflichtetes – Werk, in dem sich toccatenhafte Abschnitte mit fugierten Teilen abwechseln.
Dieterich Buxtehude (um 1637–1707): Praeludium in d, BuxWV 140 | Rudigierorgel: Daniel Freistetter
Festlich!
Anlässlich des 100. Geburtstags von Anton Heiller erklang schließlich In Festo Corporis Christi (Vier Stücke zum Fronleichnamsfest). Das aus Ante Introitum, Post Offertorium, Post Communionem und Post Benedictionem („Lauda Sion“) bestehende, 1957 aufgrund einer Anfrage des Christophorus-Verlages komponierte Werk wurde am 6. Mai 1958 vom Komponisten bei der Weltausstellung in Brüssel, der Expo 58, nach „dauernde[m] Durchzugsverkehr während des Übens“ an einem – wie Heiller kundtat – „scheußlichen Mistkasten“ von Orgel, uraufgeführt. Der Einfluss französischer Stilmittel in Harmonik, Rhythmik und Melodie in diesen vier Stücken zu Fronleichnam geht dabei wohl in erster Linie auf den Komponisten Frank Martin (1890–1974) zurück. Offenbar wurden die Stücke, die „so etwas wie aufgeschriebenes liturgisches Orgelspiel, wie es am Fronleichnamstag anhand der Gregorianischen Propriumsgesänge der Messe erforderlich ist“, darstellen, vom auftraggebenden Verlag zunächst als zu schwierig erachtet und infolgedessen nicht publiziert, was der Verlag Doblinger glücklicherweise später nachholte. Gewidmet ist das Werk der Organistin Marie-Claire Alain (1926–2013), durch die Anton Heiller in Haarlem das kompositorische Werk aus der Feder von deren Bruder Jehan kennengelernt hatte, das zu diesem Zeitpunkt in Österreich kaum gespielt wurde.
Frisch!
Und darum erklang anschließend ein Werk aus der Feder von Jehan Alain in Daniel Freistetters FESTLICHem Debütkonzert an der Rudigierorgel: Mit Variations sur un thème de Clément Jannequin, JA 118 (AWV 99), musizierte der junge Niederösterreicher eines der Trois Pièces. Alte Musik war für den aus einer nahe Paris ansässigen Musikferfamilie stammenden Alain eine wichtige Inspirationsquelle: In der großen Bibliothek seines Vaters hatte er Musik alter französischer, italienischer und deutscher Meister entdeckt – dies inspirierte ihn zur Komposition seiner Variations. Laut Alains Schwester Marie-Claire handelt es sich dabei um eine „Hommage an die alten französischen Meister“, die er sehr bewunderte. Zwei Manuskriptkopien des Stücks geben als vollständigen Titel Alains Variations sur l’espoire que j’ai d’acquirir votre grâce, chanson de Clément Jannequin (den Komponisten Janequin bezeichnet Alain konsequent „Jannequin“) an. Das Thema von Alains Variationen nimmt dabei Bezug auf den vierten der 1529 bei Attaignant erschienenen 31 Chansons, die dem französischen Renaissancekomponisten Janequin zugeschrieben werden. Alain überschrieb seine Komposition aus dem Jahr 1937, die von ihm selbst am 17. Februar 1938 in der Eglise de la Trinité in Paris uraufgeführt wurde, in der Manuskriptkopie für die Organistin Aline Pendleton (1908–1997) mit den Worten: „Cette pièce doit être jouée comme les Préludes dont parlait Couperin … avec fraîcheur et tendresse.“ (Übersetzung: „Dieses Stück muss wie die von Couperin erwähnten Präludien gespielt werden ... mit Frische und Zärtlichkeit.“) Und dem Schweizer Organisten Pierre Segond, Widmungsträger und Inhaber der zweiten Manuskriptkopie, teilte er in einer Inschrift mit, dass die Kopie nicht schön sei, aber von Herzen komme und es für einen Musiker des 20. Jahrhunderts möglich sein sollte, die Seele dieser Alten Musik zu bewahren, die Sprache dabei wenig zähle und nur der Geist spreche. Die Werke des mit nur 29 Jahren 1940 bei Saumur gefallenen Komponisten Alain zeigen Einflüsse literarischer Art, der Gregorianik, der Alten Musik, des Impressionismus, des Jazz sowie außereuropäischer Rhythmen und Tonsysteme.
Improvisiert!
Sein FESTLICHes Matineekonzert an der Rudigierorgel beendete Freistetter schließlich mit einer Improvisation. Für sein Debüt an „einer der schönsten Orgeln der Welt“ (Gaston Litaize) erntete der Leiter der Stiftsmusik Klosterneuburg kräftigen Applaus vom zahlreich erschienenen domorgelsommerlinz23-Publikum.
Stefanie Petelin
CHUTTERSNAP/unsplash.com/Unsplash License (Sujet) / Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin (Konzertfotos)