Galante Orgelmusik für zwei Orgeln
Zwei Werke aus Justinus Heinrich Knechts (1752–1817) Kompendium „Neue Vollständige Sammlung aller Arten von Vor- und Nachspielen, Fantasien, Versetten, Fugetten und Fugen für geübtere und ungeübtere Klavier und Orgel Spieler“ rahmten in der ORGEL.LITURGIE im Mariendom Linz Joseph Haydns (1732–1809) Menuett „Der Wachtelschlag“, Hob. XIX:8, sowie Johann Ludwig Krebs‘ (1713–1780) „Eine Nachahmung der Nachtigall auf die Orgel“, Krebs-WV 424, ein. Domorganist Wolfgang Kreuzhuber musizierte dabei auf der Chororgel, Dommusikassistent Gerhard Raab agierte auf der Orgelempore an der Rudigierorgel.
Mit der Gemeinde im Linzer Mariendom feierte Dompfarrer Maximilian Strasser, der sich in seiner Predigt auf eine spannende Spurensuche zu den das Tagesevangelium (Joh 13,31–33a.34–35) prägenden Begriffen „Verherrlichung“ und „Liebe“ machte.
Justinus Heinrich Knecht: Toccata Allegro
Justinus Heinrich Knechts „Neue Vollständige Sammlung aller Arten von Vor- und Nachspielen, Fantasien, Versetten, Fugetten und Fugen für geübtere und ungeübtere Klavier und Orgel Spieler“ erschien zwischen 1810 und 1817 bei B. Schott in Mainz in Form von sechs Heften. In der Toccata Allegro (Heft 1, Nummer 6) stellt Knecht massiven Akkorden im Tutti leichtfüßige, melodische Motive im Piano gegenüber. Von seiner Konzeption kann das sehr inspirierte Werk auch als Sinfoniensatz bezeichnet werden: Der gelernte Biberacher Komponist und Kapellmeister führt darin mit geschickter Hand durch die einzelnen Themendurchführungen, harmonischen Wendungen und wartet dabei mit mancher harmonischer Überraschung auf.
Justinus Heinrich Knecht (1752–1817): Neue Vollständige Sammlung aller Arten von Vor- und Nachspielen, Fantasien, Versetten, Fugetten und Fugen für geübtere und ungeübtere Klavier und Orgel Spieler. 1. Heft – 6. Toccata Allegro | Rudigierorgel: Dommusikassistent Gerhard Raab | Chororgel: Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Joseph Haydn: Menuett „Der Wachtelschlag“
Joseph Haydns zartes Menuett „Der Wachtelschlag“, Hob. XIX:8, erklang während der Gabenbereitung. Es stammt aus dessen „Stücken für das Laufwerk“ (Flötenuhrstücke), Hob. XIX. Mechanische Musikwerke mit einer Reihe Holzpfeifen, die teilweise auch in Verbindung mit einer Uhr standen, wurden in Deutschland Flötenuhren genannt. Diese Flötenuhren erfreuten sich im 18. und 19. Jahrhundert großer Beliebtheit und waren obligatorische Bestandteile eines fürstlichen Kunstkabinetts. Auch im Schloss Esterházy am Rande des Städtchens Fertőd existierten mehrere Flötenuhren: Gebaut wurden sie von P. Primitivus Niemecz (1750–1806), dem Hofkaplan und Bibliothekar am Esterhazyschen Hof, der sich mit der Herstellung dieser mechanischen Spielwerke einen Namen machte und freundschaftlich mit Joseph Haydn verbunden war. Zwei signierte Instrumente aus den Jahren 1792 und 1793 sind erhalten, zwei weitere nicht signierte werden seiner Urheberschaft zugeordnet. In diesen Tischuhren ist im Sockel ein kleines vollständiges Orgelwerk mit Balg, Stiftlade, Windlade und Pfeifen eingebaut – zu jeder Stunde spielt ein automatisches Orgelwerk ein Musikstück. Charakteristisch für die Flötenuhrstücke ist neben ihrer Diskantlage natürlich ihre durch die Umdrehungszeit der Walze bedingte Kürze. Haydns Flötenuhrstücke gelten als Lehrstücke für verschiedene Flötenuhreffekte.
Johann Ludwig Krebs: „Eine Nachahmung der Nachtigall auf die Orgel“
Aus der Feder des Bach-Schülers Johann Ludwig Krebs stammt das zur Kommunion erklingende Stück „Eine Nachahmung der Nachtigall auf die Orgel“, Krebs-WV 424. Technisch herausfordernd bringt Krebs, von seinen Zeitgenossen als „einer der geschicktesten Organisten in Deutschland“ bezeichnet, in dieser Imitation der Vogelstimmen durch die Zweiunddreißigstelnoten die Orgel und ihren Spieler an den Rand ihrer Möglichkeiten. Gestaltet werden die Nachtigall-Rufe dabei auf verschiedenen Tonhöhen. Es scheint dem gebürtig aus Buttelstedt bei Weimar stammenden Krebs ein großes Vergnügen gewesen zu sein, eine solche Imitation für die Orgel zu komponieren.
Justinus Heinrich Knecht: Vivace
Vivace, das zum Auszug erklingende „Handstück im galanten Stil für 2 Manuale zur Abwechslung des Forte und Piano“ (Heft 1, Nummer 7), entstammt wie die Toccata Allegro zum Einzug dem umfangreichen Kompendium des Biberacher Komponisten. Der Titel des für zwei Orgeln eingerichteten Werks ist dabei gleichzeitig Programm: Der rasche Wechsel zwischen Piano und Forte ist Kennzeichen des galanten Stils – dieser wird von Knecht exemplarisch klanglich umgesetzt. Dichte Akkorde im Forte wechseln mit lyrischen Elementen im Piano ab.
Dompfarrer Maximilian Strasser, der die galante Orgelmusik an zwei Orgeln sichtlich genoss, bedankte sich in seinen Schlussworten bei Domorganist Wolfgang Kreuzhuber und Dommusikassistent Gerhard Raab für die musikalische Gestaltung des Gottesdiensts und betonte gegenüber der mitfeiernden Gemeinde: „Der schönste Dank für die Musizierenden ist es, wenn Sie bis zum Verhallen des letzten Akkords in der Kirche bleiben.“ Der Zelebrant sprach’s – und zog selbst erst beim Schlussakkord aus – darauf gab’s einen kräftigen Schlussapplaus!
Stefanie Petelin
Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin; Gregorius_o/pixabay.com/Pixabay License