Orgelimprovisationen zum Advent
Mit der Gemeinde im Mariendom Linz feierte Domkapitular Michael Münzner, Regens des Linzer Priesterseminars.
Improvisationen über Adventlieder
Zum Einzug improvisierte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber in gemäßigt-moderner Tonsprache frei über das Friedrich Spee (1591–1635) zugeschriebene Adventlied „O Heiland, reiß die Himmel auf“ (GL 231). Während der Gabenbereitung erklang eine meditative Improvisation über das aus dem Eichsfeld stammende Lied „Maria durch ein Dornwald ging“ (GL 224). Dieses Lied bildete auch das Motto des Gottesdienstes, denn Regens Michael Münzner widmete seine Liedpredigt ebenfalls diesem Adventlied.
Wolfgang Kreuzhuber (*1957): Improvisation über „Maria durch ein Dornwald ging“ | Rudigierorgel: Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Das aus Ostpreußen stammende Kirchenlied „Macht hoch die Tür“ (GL 218) stand schließlich im Fokus von Wolfgang Kreuzhubers in die Form eines Choralvorspiels gegossene Improvisation während der Kommunion. In Concerto-Form präsentierte sich die Improvisation über das bekannte „Tochter Zion, freue Dich“ (GL 228), die Domorganist Wolfgang Kreuzhuber der Gemeinde zum Auszug zu Gehör brachte.
Nach dem Gottesdienst erklärte Kreuzhuber schmunzelnd, dass er zum ersten Mal seit seiner Berufung zum Domorganisten in einer ORGEL.LITURGIE über Adventlieder improvisiert habe. „Es hat mir Freude bereitet, adventliche Lieder improvisatorisch in unterschiedlichen Stilen umzusetzen“, verriet der Kirchenmusiker. Die vier Lieder hat Kreuzhuber dabei ganz bewusst ausgesucht – sie sollen einen Sehnsuchtsweg durch den Advent nachbilden: Denn von „O Heiland, reiß die Himmel auf“ und „Macht hoch die Tür“ führt der musikalische Weg schließlich zu „Maria durch ein Dornwald ging“ und „Tochter Zion, freue Dich“, in dem die Weihnachtsfreude schon deutlich hereinklingt.
Liedpredigt als Ergänzung
Regens Michael Münzner zog für seine heilsgeschichtliche Betrachtung des Tagesevangeliums das bekannte Adventlied „Maria durch ein Dornwald ging“ (GL 224) heran:
Maria durch ein Dornwald ging.
Kyrie eleison.
Maria durch ein Dornwald ging, der hat in sieben Jahr kein Laub getragen.
Kyrie eleison.
Dazu Münzner nach dem gemeinsamen Singen der Strophe: „Maria ist hier schon unterwegs, auf dem Weg zu Elisabeth. Ihr Weg führt durch einen ,Dornwald‘, der schon sieben Jahre kein Laub mehr getragen hat. Zum einen ist damit sicher zum Ausdruck gebracht, dass der Weg für Maria nicht leicht war. Der Weg war nicht nur weit, sondern Maria ging unterwegs sicher auch sehr vieles durch den Kopf. Der Dornwald ist aber andererseits auch ein Bild für die Verfasstheit der Welt, ein Bild der Hoffnungslosigkeit und Erlösungsbedürftigkeit. Und wir können fragen: ,Ist eine solche Beschreibung der Welt nicht zu negativ, zu pessimistisch?‘ Ich denke, dass wir alle immer wieder Unheil erfahren, unter dem Scheitern, unter Erfahrungen des Todes leiden, Schuld auf uns laden und andere an uns schuldig werden. Maria geht mitten durch diese Hoffnungslosigkeit hindruch. Sie geht ihren Weg im Vertrauen, dass der Herr mit ihr ist, wie ihr das der Engel gesagt hat. Deshalb endet die Liedzeile auch mit dem sehnsuchtsvollen Ruf ,Kyrie eleison‘ – ,Herr, erbarme Dich!‘“
Was trug Maria unter ihrem Herzen?
Kyrie eleison.
Ein kleines Kindlein ohne Schmerzen, das trug Maria unter ihrem Herzen.
Kyrie eleison.
Auf den gemeinsamen Gesang folgten Münzners Gedanken zur Strophe: „Maria ist schwanger. Ihr Kind ist nicht irgendjemand. Es ist der, den das Volk Israel ersehnt und lange erwartet hat und über den die Propheten Israels gesprochen haben, wie zum Beispiel der Prophet Micha heute in der ersten Lesung. Maria trägt, wie es heißt, ihr Kind ,ohne Schmerzen‘. Wir alle wissen, dass jede Schwangerschaft (und insbesondere jede Geburt) mit Schmerzen verbunden ist. Davon erzählt auch die Bibel nach dem Sündenfall, wenn Gott zu Eva sagt: ,Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schinerzen gebierst du Kinder.‘ (Gen 3,16) Wenn vor Maria hier gesagt wird, dass sie ,ohne Schmerzen‘ ist, dann ist sie offenbar von den Folgen der Sünde befreit, dann ist an ihr etwas Neues geschehen, dann hat sich an ihr ein Neubeginn ereignet, dann wurde ihr die Erlösung schon geschenkt. Dann hat Gott sich ihrer erbarmt. Und das ist Grund zur Freude, die schließlich in der dritten Strophe zum Ausdruck kommt.“
Da haben die Dornen Rosen getragen.
Kyrie eleison.
Als das Kindlein durch den Wald getragen, da haben die Dornen Rosen getragen.
Jesus und Maria.
Nach dem Gemeindegesang folgten abermals Münzners Betrachtungen der Strophe: „Maria ist unterwegs. Sie trägt den in ihrem Leib, der der Welt Heil und Heilung schenkt. Maria trägt Jesus in die Welt. Da wo sie mit Jesus, hinkommt, da beginnt neues Leben, da verwandelt sich die finstere, abgestorbene Welt in lichte Freude, da beginnt der dürre, düstere, dornige Wald zu blühen. Dass Maria auf Christus verweist und ihn uns und der Welt zeigt, ist auch ein Grund, warum sich Maria auf den Weg zu Elisabeth gemacht hat. Ich meine aber, dass der eigentliche Grund, warum Maria so schnell, so eilig zu Elisabeth gelaufen ist, in der Begegnung der beiden Frauen selbst zu sehen ist: Maria wollte einfach sehen, ob es stimmt, was ihr der Engel gesagt hat, dass nämlich ihre Verwandte Elisabeth trotz ihres hohen Alters ein Kind erwartet. Und das ist das Schöne im heutigen Sonntagsevangelium. Maria wurde nämlich nicht nur ein Glaubensakt abverlangt, als der Engel Gabriel ihr ihre Berufung zur Mutter Gottes verkündet hat. Sie hat von Gott auch ein Zeichen bekommen, das sie sehen und überprüfen konnte und das ihr gezeigt hat, dass es wahr ist, dass für Gott kein Ding unmöglich ist. Als Maria zu Elisabeth gekommen ist, hat sie sicher schon von Weitem gesehen, dass Elisabeth schwanger ist, dass es also wahr ist, was ihr der Engel gesagt hat, dass sie sich auf die Worte des Engels, ja noch mehr auf Gott verlassen kann. Was muss das für Maria nach dem langen Weg für eine Erleichterung gewesen sein, was für eine Bestätigung ihres Vertrauens, ihres Glaubens!“
Münzner schloss seine Liedpredigt mit dem Gedanken: „Maria ist eine adventliche Gestalt, weil sie ,geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.‘ Und so ist es auch uns aufgegeben, hinzuhören auf das Wort Gottes, zu glauben, was der Herr uns sagt, uns treffen zu lassen von seinem Wort, es uns anzueignen und daraus das Leben zu gestalten. Dann wird auch unser Weg ein adventlicher sein.“
Stefanie Petelin
FotoRieth/pixabay.com/Pixabay License, Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin