Improvisationen zu den Perikopen des Tages
Am 21. Februar 2021, dem ersten Sonntag der Fastenzeit, standen im Rahmen der ORGEL.LITURGIE an er Rudigierorgel im Mariendom Linz Orgelimprovisationen von Domorganist Wolfgang Kreuzhuber über die Perikopen des Sonntags auf dem Programm. Besonders beeindruckt zeigte sich die feiernde Gemeinde über die stimmige Ausdeutung der Texte in Musik und Wort. Mit der Gemeinde im Mariendom feierten Bischof Manfred Scheuer und Diakon Anton Birngruber.
Verschiedene Gattungen der Improvisationskunst hatte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber für seine Improvisationen über die Schriftlesungen des Tages ausgesucht. Zum Einzug erklang eine Improvisation in Form eines Prélude über „Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ (Mk 1,15). Die dreiteilige Form präsentierte sich am Beginn – dem Charakter eines Préludes entsprechend – mit Läufen als aufwärts gerichtete Linien, die so musikalisch den Blick zum Himmel richteten. Im Mittelteil wurde die Sehnsucht nach Erlösung durch die Musik zum Ausdruck gebracht. Im dritten Teil des Prélude erfolgte die Umkehr der Linien – die nun abwärts gerichteten Läufe symbolisierten gleichsam die Umkehr des Menschen.
Während der Gabenbereitung improvisierte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber eine Meditation über „Siehe, ich richte meinen Bund auf mit euch und mit euren Nachkommen nach euch.“ (Gen 9,9). Dichte, nach oben strebende Akkorde fungierten als Symbol für das Aufrichten des Bundes, das Solo konnte als Stimme Gottes interpretiert werden. Zur Kommunion improvisierte Kreuzhuber schließlich eine Fantasie über das Schriftwort „Denn auch Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, ein Gerechter für Ungerechte.“ (1 Petr 3,18), in der den musikalischen Freudenausbrüchen über diese Verheißung ruhige Abschnitte der Verinnerlichung der Gewissheit von Tod und Auferstehung gegenüberstanden. Diese großen Gegensätze prägten den Duktus dieser improvisierten Fantasie.
Improvisation über „Denn auch Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, ein Gerechter für Ungerechte.“ (1 Petr 3,18) | Rudigierorgel: Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Pure Freude kam in der improvisierten Schlusstoccata beim Auszug zum Ausdruck: In beinahe überschwänglichen rhythmischen und akkordischen Verbindungen wurde der Zusage des Evangelisten Markus „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.“ (Mk 1, 15) musikalisch freier Lauf gelassen.
In Anlehnung an den Gedanken aus der ersten Lesung „Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und der Erde“ (Gen 9,13) hatte Kantor Christoph Niemand vor dem Beginn des Gottesdienstes in seiner Begrüßung zum Ausdruck gebracht, dass er schon sehr gespannt sei auf diesen musikalischen Regenbogen im Dom – man darf (ohne Synästhetiker zu sein) resümieren: Die musikalischen Klangfarben von Wolfgang Kreuzhubers Improvisationen tauchten den Dom in ein faszinierendes, facettenreiches Farbenspiel!
Stefanie Petelin
Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin