Festliche Orgelmusik für zwei Orgeln
Domorganist Wolfgang Kreuzhuber und Dommusikassistent Gerhard Raab hatten sich für die ORGEL.LITURGIE am 20. September 2020 um 10.00 Uhr im Mariendom Linz festliche Orgelmusik von Félix-Alexandre Guilmant (1837–1911) aus dessen erstmals vor 1892 publizierter, achtzehnbändiger Sammlung „Pièces dans différents styles pour orgue“ ausgesucht. Mit der Gemeinde im Mariendom feierte der emeritierte Domkapitular Walter Wimmer.
Zum Einzug musizierten Gerhard Raab an der Rudigierorgel und Wolfgang Kreuzhuber an der Chororgel Guilmants galante Canzone, op. 40/2, aus dem zehnten Band der Sammlung. Guilmant komponierte das Werk 1873 für Pater Modelonde, Pfarrer von La Trinité, anlässlich seines goldenen Priesterjubiläums. Modelonde ist das Werk auch gewidmet – und zwar „von seinem demütigen Diener Alex G.“, wie den Noten zu entnehmen ist. Zur Gabenbereitung erklang das 1864 entstandene, „Monsieur Devroye“, einem der Domherren der Kathedrale von Liège, dedizierte Prière, op. 17/1, aus Band 3, das im Stile der Werke von Louis James Alfred Lefébure-Wély komponiert ist. Während der Kommunion sorgten die beiden Organisten für mendelssohnartige Klänge mit Guilmants 1865 komponierter Communion, op. 15/1, aus dem ersten Band der „Pièces dans différents styles pour orgue“, das Pater Rigolet zugeeignet ist. Festlich-mächtige Klänge sandten Kreuzhuber und Raab mit dem als „Hommage à Thalberg“ publizierten Marche religieuse über den Chor „Lift Up Your Heads” aus Georg Friedrich Händels „Messiah” aus dem Jahr 1861 zum Auszug in den Kirchenraum des Mariendomes.
Félix Alexandre Guilmant (1837–1911): Pièces dans différents styles pour orgue: Communion, op. 15/1 | Rudigierorgel: Dommusikassistent Gerhard Raab | Chororgel: Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Im Fokus: Félix-Alexandre Guilmant
Neben Charles-Marie Widor gilt Guilmant als Mitbegründer der romantischen Orgelschule im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Durch seine Kompositionen hatte Guilmant großen Anteil an der Ausbildung eines eigenständigen französisch-romantisch-symphonischen Orgelstils. Als weltbekannter Interpret und Improvisator sorgte er außerdem dafür, dass die Orgel und die für sie komponierte Musik in der breiten Öffentlichkeit eine größere Wertschätzung erfuhren.
Geboren wurde Félix-Alexandre Guilmant 1837 in der nordfranzösischen Hafenstadt Boulogne-sur-Mer. Sein Spiel bei der Einweihung der Cavaillé-Coll-Orgeln von Saint-Sulpice und Notre-Dame erregte solches Aufsehen, dass er 1871 als Nachfolger von Charles-Alexis Chauvet zum Titularorganist in La Trinité in Paris ernannt wurde. Im Rahmen der Pariser Weltausstellung 1878 wurde Guilmant schließlich zu mehreren Recitals auf der neuen prächtigen Orgel Cavaillé-Colls im Palais du Trocadéro eingeladen. Große Erfolge feierte der Organist auch bei seinen Konzertreisen durch England, Italien, Kanada, Lettland, Russland und in die USA. Nach der Rückkehr von seiner zweiten Amerika-Tournee gab er sein Amt in La Trinité auf, da man in seiner Abwesenheit ohne seine Zustimmung Änderungen an der Orgel vorgenommen hatte. Louis Vierne, Guilmants früherer Schüler und Assistent an La Trinité, sorgte als Zeichen des Protests daher dafür, dass sein verehrter Lehrer zum „Organiste honoraire” an Notre-Dame de Paris ernannt wurde. Mit vielen weiteren Ehrungen bedacht starb Guilmant 1911 in seinem Haus in Meudon nahe Paris.
Stefanie Petelin
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