Mit Jägerstätter zum Fest Christi Himmelfahrt
Am 21. Mai 2020 wurde aus dem Mariendom Linz eine Feierstunde mit dem Titel „In den Himmel? Nur mit den anderen! Mit Franz Jägerstätter zum Hochfest Christi Himmelfahrt.“ via LT1 und Livestream auf der diözesanen Webseite übertragen.
Gestaltet wurde die Feierstunde im Rahmen der Reihe „Sonntag/Feiertag im Dom“ an Franz Jägerstätters Tauf- und Gedenktag von Mitgliedern des diözesanen Jägerstätter-Beirats sowie Jägerstätter-Biographin Erna Putz. Die als Stundengebet angelegte Feier rückte Texte von Franz Jägerstätter in den Fokus, so verlasen Erna Putz, Thomas Schlager-Weidinger und Andreas Schmoller neben der Jägerstätter-Stele Auszüge aus dem Briefwechsel zwischen Franz Jägerstätter und Rudolf Mayr, seinem Mitbruder im Dritten Orden des heiligen Franziskus, sowie Teilstücke des letzten Briefs an seine Familie am Vorabend seines Todes.
Auch musikalisch stand ein berührender Jägerstätter-Text im Mittelpunkt der Feier: In seiner Komposition „Der Friede sei mit Euch“ für Mezzosopran und Orgel vertonte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber Gedanken von Franz Jägerstätter, in denen es heißt: „Der Friede sei mit euch, hat Christus einst zu den Aposteln gesagt. Haben vielleicht diese Worte für uns jetzige Christen keine Geltung mehr, weil schon fast die ganze Welt im Unfrieden lebt? Wieder hat es den Anschein, als lebten wir noch im Heidentum und Christus muss erst geboren werden und kommen, uns zu erlösen.“
Bei der Feierstunde musizierten – wie schon bei der Uraufführung anlässlich der Feier „10 Jahre Seligsprechung von Franz Jägerstätter“ im Oktober 2017 in der Linzer Minoritenkirche – Mezzosopranistin Monika Schwabegger und der Komponist. Man spürte bei beiden das Berührtsein beim Musizieren, den tief verinnerlichten Jägerstätter-Text, der gegenwärtig besondere Aktualität erlangt, wie folgende Passage verdeutlicht: „Wollen wir die Welt verbessern, so müssen wir bei uns selbst anfangen.“ Die Worte „Der Friede sei mit Euch“ umrahmen die Komposition – am Ende entschweben diese Worte sphärisch gen Himmel.
Bischof Manfred Scheuer stand der Feierstunde vor und hielt auch die Predigt, in der er betonte: „Durch sein Zeugnis kann Franz Jägerstätter uns helfen zu verstehen, was der Himmel ist, damit wir heute nicht einen falschen Himmel suchen, damit wir uns nicht mit zu wenig zufriedengeben und nicht unsere Sehnsucht tief im Herzen zuschütten und denken, es komme ohnehin nichts mehr. Er kann uns helfen, damit wir nicht in den Rausch flüchten. Franz Jägerstätter wusste um die verführerische Macht von falschen Vorstellungen des Heils, des Glücks, auch des Himmels. Er wusste um die Versuchung des Bösen in der Gestalt der Wohltat. Damals haben die Nationalsozialisten Brot, Arbeit, ja sogar die Beseitigung von sozialen Ungleichheiten versprochen. Aber der Preis dafür war barbarisch. 60 Millionen Tote hatten ihn zu bezahlen. Vielleicht ist uns die Erfahrung gar nicht so fremd, dass sich etwas, was zunächst anziehend, attraktiv erscheint, bei längerem Hinschauen in eine ganz andere Richtung entwickelt. Franz Jägerstätter schaute hinter die Masken der Propaganda, hörte hinter die Rhetorik der Verführung, er schaute auf den Schwanz von Entwicklungen. Welche Antriebskräfte führen zu einem Mehr an Gerechtigkeit, zu einem Mehr an Hoffnung, auch zu einem Mehr an Frieden? Und was endet im Kater, im Ekel vor dem Leben, in Ruin der eigenen Gesundheit, in der Auflösung von Gemeinschaft, zur Zerstörung der Gesellschaft? Was endet letztlich im Tod?“
Auch Scheuer nahm – wie die Musik – das Thema Frieden in den Blick: „Er wollte den Frieden nicht auf das Jenseits verschieben, nicht Menschenwürde und Menschenrecht einem Gespensterreich überlassen, nicht die Liebe auf einen utopischen Zeitpunkt verlagern. Er lebte und verwirklichte die Vaterunser-Bitte: Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.“ Bischof Manfred Scheuer transferierte Franz Jägerstätters Haltung ins Heute und erklärte: „Gegenwärtig sollen wir wahrnehmen: Wo sind die Verlierer? Wo sind die Armen, wer lebt heute in prekären Verhältnissen bei uns? Auf wen sollen wir besonders schauen?“ Ebenso wichtig sei es, jene nicht zu vergessen, die wegen Krieg, Verfolgung oder Aussichtslosigkeit geflüchtet und nun schutzlos auf die Hilfe anderer angewiesen seien.
Mit einem Zitat des französischen Schriftstellers Charles Péguy schloss Bischof Scheuer seine Predigtgedanken: „Wir müssen miteinander selig werden. Wir müssen miteinander zu Gott gelangen, miteinander vor ihn hintreten. Wenn wir vor Gott hintreten, dann wird die Frage sein: Wo hast Du den anderen gelassen? Wir sollten also nicht einer ohne den anderen dem guten Gott begegnen. Was würde Gott wohl sagen, wenn einer ohne den anderen vor ihn tritt?“
Stefanie Petelin
Diözese Linz