„Drei, zwei, eins ... Mai!“ im Mariendom
Rudolf Habringer und Wolfgang Kreuzhuber. Das wunderbar miteinander harmonierende Künstlerduo lud am 24. Mai 2019 ab 22.00 Uhr zu einer musikalisch-literarischen Stunde im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen 2019 in den Mariendom Linz ein.
Ein frühlingshaftes musikalisch-literarisches Drei-Gänge-Menü hatten die beiden Künstler für das Publikum bei der Langen Nacht der Kirchen 2019 vorbereitet. Nach der Begrüßung durch Rudolf Habringer stimmte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber die Zuhörenden mit einer Estampie aus dem mittelalterlichen Robertsbridge Codex auf den neogotischen Raum ein.
Vorspeise: Frische Brise aus dem Norden
Nach einer kurzen Überleitung auf das Motto des ersten Ganges „Frische Brise aus dem Norden“ spielte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber Dieterich Buxtehudes Choralvorspiel „Nun bitten wir den heiligen Geist“, BuxWV 208. Rudolf Habringer griff sogleich den Altmeister Buxtehude auf und gab eine Anekdote zum Besten, in der sich der junge Johann Sebastian Bach auf den Weg nach Lübeck zu Buxtehude machte – dummerweise erhielt er dort nicht nur ein lukratives Jobangebot, sondern ihm wurde auch die Ehe mit Buxtehudes Tochter nahegelegt. So weit reichte aber nicht einmal Bachs Liebe zur Musik. Im Anschluss daran musizierte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber Bachs Choralvorspiel „Komm, Gott Schöpfer heiliger Geist“, BWV 665.
Hauptspeise: Maienzeit, schöne Zeit!
Mit Gedanken über den Wonnemonat Mai wendete sich Rudolf Habringer dem zweiten Gang mit dem Titel „Maienzeit, schöne Zeit!“ zu. Passend dazu musizierte Kreuzhuber Leopold Mozarts heiteres Werk „Für den May: Menueto Pastorello“. Und wo Vater Mozart ist, darf natürlich auch dessen Sohn Wolfgang Amadé nicht fehlen – dieser kam in einem von Rudolf Habringer rezitierten Brief von 1784 mit einem humorvollen Ratschlag zur Hochzeit an seine Schwester Nannerl zu Wort. In die Zeit der Mozarts entführte Domorganist Kreuzhuber mit seiner Improvisation im galanten Stil. Zum nächsten Stück – dem „Nachspiel in d“ von Justin Heinrich Knecht – leitete Rudolf Habringer mit zwei amüsanten Orgelgeschichten aus der schwäbischen Heimat des Komponisten Knecht über.
Nachspeise: Träumerei in der Nacht
Nach einer thematischen Einführung in den dritten Gang „Träumerei in der Nacht“ – passend zur Langen Nacht der Kirchen 2019 – musizierte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber Robert Schumanns „Träumerei“ aus dessen Klavierzyklus „Kinderszenen“ in einer Orgelbearbeitung von Sigfrid Karg-Elert – wer nur das Original für Klavier kennt, mag überrascht sein, wie herrlich das berühmte Werk auf der Orgel klingt:
Robert Schumann (1810–1856): Träumerei | Orgelbearbeitung: Sigfrid Karg-Elert (1877–1933) | Rudigierorgel: Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Rudolf Habringer las passend dazu eine Anekdote zu Robert Schumann, in der dieser nach einem Klavierkonzert seiner Frau Clara gefragt wurde, ob er auch musikalisch sei … als er lächelnd bejahte, soll Schumann gefragt worden sein: „Auf welchem Instrument?“
Mit einem verträumten Blues von Jon Laukvik griff Kreuzhuber abermals das Thema des dritten musikalisch-literarischen Ganges auf. Anschließend leitete Rudolf Habringer mit Anekdoten über den berühmten Johannes Brahms zum letzten Programmpunkt des Abends über – einer beeindruckenden Improvisation über Brahms‘ berühmtes „Wiegenlied“ („Guten Abend, gut Nacht!“) von Wolfgang Kreuzhuber. Boshafte Stimmen behaupten übrigens, Brahms habe für die Fertigstellung des Liedes so lange gebraucht, weil er immer wieder beim Komponieren darüber eingeschlafen sei. Das konnte bei Wolfgang Kreuzhubers beeindruckender, facettenreicher Improvisation jedoch nicht passieren ....
Wolfgang Kreuzhuber (*1957): Improvisation über „Guten Abend, gut Nacht“ | Rudigierorgel: Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Stefanie Petelin
Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin