Festgottesdienst mit besonderem Ständchen
Den Festgottesdienst zum 50. Weihetag der Rudigierorgel im Linzer Mariendom feierte am 8. Dezember 2018 um 10.00 Uhr Diözesanbischof Manfred Scheuer, der bereits im Vorfeld des Gottesdienstes im Rahmen der Aktion ORGEL.GLÜCKWÜNSCHE festgehalten hatte: „Die Orgel ist ein Geschenk für den Mariendom und für die Kirche in Oberösterreich.“ Als Konzelebranten beim Pontifikalamt agierten Dompropst Wilhelm Vieböck, Domkapitular Walter Wimmer, Domkapitular em. Josef Mayr, Dompfarrer Maximilian Strasser sowie der Regens des Linzer Priesterseminars Michael Münzner und Diakon Peter Schwarzenbacher.
Im Rahmen des Festgottesdienstes Louis Viernes „Messe solennelle en ut dièse mineur“ für gemischten Chor und zwei Orgeln musiziert. Interpretiert wurde diese spätromantische Messe vom Collegium Vocale Linz und dem Domchor Linz (Einstudierung und Leitung: Domkapellmeister Josef Habringer) sowie von Domorganist Wolfgang Kreuzhuber an der Rudigierorgel und Dommusikassistent Gerhard Raab an der Chororgel.
50 Jahre Rudigierorgel
Die Rudigierorgel aus der Werkstatt der dänischen Orgelbaufirma Marcussen & Søn zählt zu den modernsten und qualitätsvollsten Orgeln unserer Zeit. 1968 wurde sie mit einem dreitägigen Fest von 6. bis 8. Dezember 1968 eingeweiht. Mit 5890 Pfeifen und 70 Registern überzeugt die Rudigierorgel mit einem einzigartigen und vielseitigen Klangerlebnis damals wie heute, wie nachfolgender Audiobeitrag zum 50-Jahr-Jubiläum der Rudigierorgel auf wunderbare Weise zusammenfasst:
Audiobeitrag: „50 Jahre Rudigierorgel“ (Gestaltung und Redaktion: Ursula Waselmayr)
Ein ganz besonderes Geburtstagsständchen
Mit einem ganz besonderen Geburtstagsständchen gratulierte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber „seiner“ Rudigierorgel. Bereits in seinen ORGEL.GLÜCKWÜNSCHEN zum Rudigierorgel-Jubiläum hatte der „Herr über die 5890 Pfeifen“ – wie er tags zuvor in einem Artikel von Bernhard Lichtenberger in den Oberösterreichischen Nachrichten genannt worden war – angekündigt: „An ihrem Geburtstag wird sie sich wohl selbst ein Geburtstagsständchen machen müssen, zu der ich ihr gerne meine Hände und Füße zur Verfügung stelle.“
Und seine Hände und Füße lieh ihr Wolfgang Kreuzhuber am Ende des Festgottesdienstes für ein ganz besonderes Ständchen: In die von Viernes spätromantischer Messe inspirierte Improvisation wob der leidenschaftliche Improvisator das Motiv „Happy Birthday“ mehrfach ein und dankte seiner Rudigierorgel damit für alle hörbar für die gemeinsamen Jahre. Denn wie hatte er im Interview verraten: „Es ist eine sehr glückliche Ehe geworden, wo man aneinander wächst, immer wieder Neues entdeckt.“
Wolfgang Kreuzhuber (*1957): Improvisation „Happy Birthday, Rudigierorgel!“ | Rudigierorgel: Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Eine Orgelmesse mit Geschichte
Im Rahmen des Festgottesdienstes wurde Louis Viernes „Messe solennelle en ut dièse mineur“, op. 16, für gemischten Chor und zwei Orgeln (Grand Orgue und Orgue de Choeur) musiziert. Uraufgeführt wurde dieser Höhepunkt spätromantischer Orgelmessen genau 117 Jahre zuvor. Denn am 8. Dezember 1901 erklang die Messe mit Charles-Marie Widor an der Hauptorgel und Vierne – damals bereits Organist an Notre-Dame de Paris – an der Chororgel in der Pariser Kirche Saint-Sulpice erstmals. Diese Kirche beheimatet neben der Großen Orgel (Grand Orgue) von François-Henri Clicquot (Umbau und Erweiterung durch Orgelbaumeister Aristide Cavaillé-Coll 1862) auch eine 1858 von Cavaillé-Coll erbaute Chororgel.
Im Jahr 1899 hatte Vierne alle Teile des lateinischen Messtextes mit Ausnahme des Credos (Kyrie, Gloria, Sanctus, Benedictus, Agnus Dei) vertont. Zunächst hatte er die Messe als Orchestermesse geplant, bis Charles-Marie Widor, sein Lehrer und Titularorganist an Saint-Sulpice, ihm riet, die Messe als Orgelmesse für zwei Orgeln anzulegen, wie dies in französischen Kathedralen üblich war. Vierne entwarf den Klang darum für entgegengesetzte Stellen der Kirche – damit ist die Messe wie geschaffen für die Aufführung im Linzer Mariendom.
Bereits 1900 wurde die Théodore Dubois gewidmete Messe von Pérégally & Fils in Paris veröffentlicht, bevor sie schließlich 1901 uraufgeführt wurde. Meist ist der Chor vierstimmig arrangiert, an manchen Stellen jedoch auch noch weiter unterteilt. Stilistisch lehnt sich Vierne an seine Vorbilder Charles-Marie Widor und César Franck an, entwickelt deren Ansatz in der Verarbeitung von Themen und im Einfallsreichtum beim Ausdruck weiter („imaginative expression“). Mächtig-feierliche Klänge stehen dabei in Kontrast zu geheimnisvollen Wechselgesängen.
Stefanie Petelin
Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin