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Johann Sebastian Bach (1685–1750). Er prägte die Musikgeschichte wohl wie kein anderer Komponist. Sein musikalisches Erbe überwältigt in Fülle und Qualität. Er vervollkommnete bestehende Kompositionstechniken und Stile, er vereinigte höchste technische Ansprüche und künstlerischen Ausdruck in seinen Kompositionen, in seinem virtuosen Literaturspiel und in seinen Improvisationen. Das Universalgenie, das Fundament für die westliche Musiktradition und der Weichensteller für alle ihm nachfolgenden Komponistengenerationen ist heute unumstritten das Maß aller musikalischen Dinge, wenn man so will: „Der liebe Gott der Musik“. Das belegen auch Zitate anderer Komponisten – so schrieb beispielsweise Robert Schumann (1810–1956): „Wir sind alle Stümper gegen ihn!“ Oder der „Hamburger Jung“ Johannes Brahms (1833–1897), der den Rat gab: „Studiert Bach, dort findet ihr alles!“ Und Max Reger (1873–1916) brachte es schließlich auf den Punkt: „Bach ist Anfang und Ende aller Musik!“
Für seine grandiosen Vokal- und Instrumentalkompositionen ist er berühmt und mit ihnen berührt er die Menschen bis heute, doch heute wissen die wenigsten, dass Johann Sebastian Bach auch ein Meister der Improvisationskunst war, wie die folgende Begebenheit mit Johann Adam Reincken (1643–1722) aus der Feder des Bach-Sohns Carl Philipp Emanuel (1714–1788) belegt:
„Während dieser Zeit, ungefehr im Jahr 1722, that er eine Reise nach Hamburg, und ließ sich daselbst, vor dem Magistrate, und vielen andern Vornehmen der Stadt, auf der schönen Catharinenkirchen Orgel, mit allgemeiner Verwunderung mehr als 2 Stunden lang, hören. Der alte Organist an dieser Kirche, Johann Adam Reinken, der damals bey nahe hundert Jahre alt war, hörete ihm mit besondern Vergnügen zu, und machte ihm, absonderlich über den Choral: An Wasserflüssen Babylon, welchen unser Bach, auf Verlangen der Anwesenden, aus dem Stegreife, sehr weitläuftig, fast eine halbe Stunde lang, auf verschiedene Art, so wie es ehedem die braven unter den Hamburgischen Organisten in den Sonnabends Vespern gewohnt gewesen waren, ausführete, folgendes Compliment: Ich dachte, diese Kunst wäre gestorben, ich sehe aber, daß sie in Ihnen noch lebet.“
Dank ihrer Konzeption und Disposition als Universalorgel ist die Rudigierorgel im Mariendom Linz ein Instrument, das für die Interpretation der Werke Johann Sebastian Bachs aus norddeutscher Sicht gleichermaßen geeignet ist wie für Improvisationen in historischen wie auch modernen Stilen. Ihre universelle Einsatzfähigkeit bewies die Rudigierorgel bereits im Rahmen ihres Weihefestes 1968: Neben der Interpretation zahlreicher Werke Johann Sebastian Bachs durch Hans Haselböck, Anton Heiller und Gaston Litaize wurde neben der Interpretation von Max Regers Orgelwerken an einer Schleifladenorgel auch romantische Improvisationen, die durch das Schwellwerk möglich sind, demonstriert.