Was für den Menschen das Herz, sind für die Orgel die Windladen, auf denen die Pfeifen stehen. Vom Spieltisch aus werden die Bewegungen der Tasten mechanisch über die Traktur – sie übernehmen die Funktion der Adern – an die Windlade geleitet. Unter den Pfeifen befinden sich Ventile, die sich entweder öffnen oder schließen.
Die Windladen der Rudigierorgel wurden von Sybrand Zachariassen (1900–1960) als mechanische Schleifladen konzipiert – der Vertrag zwischen dem Dommusikverein Linz und der Firma Marcussen & Søn über den Bau der Orgel aus dem Jahr 1963 gibt Aufschluss über die spezielle Fertigung derselben:
„Diese werden als Schleifladen nach unserer speziellen Konstruktion gebaut. Bei dieser werden die Schleifen aus Kunststoff durch federnde Anlagen gleichmäßig gegen ihre Gleitflächen gedrückt, wodurch gute Dichtheit, geringe Empfindlichkeit bei Schwankungen der Luftfeuchtigkeit und ein gleichbleibend leichter Gang der Registratur erreicht wird. Die Rahmen und Ventilkästen werden aus Eichenholz hergestellt, die Kanzellenschiede aus Oregon Pine, die Pfeifenstöcke und -bretter aus Mahagoni und die Ventile aus Zedernholz. Die obere Abdichtung der Kanzellenrahmen erfolgt durch abgesperrte, wasserfest verleimte Gaboonplatten, die untere durch Leder. Die Ventile werden mit Filz und Leder belegt, ihre Federn und Stifte aus Phosphorbronze und verzinntem Messing verarbeitet.“
Modell einer Schleiflade.
© Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin
Abstrakten der Rudigierorgel.
© Dommusikverein Linz/Stefanie Petelin
Die Anlegung der Traktur erfolgte mechanisch:
„[…] sie besteht aus Abstrakten aus feinadrigem Kiefernholz, Winkeln aus Nussbaum, Wippen aus Eiche und Wellen aus Oregon Pine. Die Wellenrahmen und Winkelbalken werden aus Eiche, alle Drähte und Achsen der Mechanik aus Messing hergestellt. Durch eine besondere Vorrichtung wird eine gleichbleibende Spannung der Traktur erzielt. Die Koppeln werden mit Hand- und mit Fußbedienung angelegt. Ferner wird eine Barkermaschine, die jedoch abstellbar ist, eingebaut, um den Tastendruck bei gekoppelten Werken zu erleichtern.“
Für Egon Krauss stand von Anfang an die Bauweise von Schleifladen mit mechanischer Spieltraktur außer Zweifel. Hinsichtlich der Anlage der Registertraktur änderte er jedoch seine Meinung: War bei seinem ersten Dispositionsentwurf von 1959 durchaus noch – wie damals üblich – eine elektrische Registertraktur vorstellbar, so trat er einige Jahre später kompromisslos für eine rein mechanische Registertraktur ein, wie ein Brief vom 10. November 1968 – also kurz vor Fertigstellung der Orgel – an das Dommusikvereinsmitglied Johannes Unfried (1910–1972) in Linz verdeutlicht.
Für ihn widersprachen an die Romantik erinnernde Spielhilfen dem Geist der Klarheit – und so trafen Überlegungen zur guten und praktikablen Handhabung der neuen Orgel, wie sie Hans Haselböck für Linz eingefordert hatte (drei freie, elektrisch gesteuerte Pedalkombinationen), darin nicht auf Krauss‘ Verständnis:
„Ich war schon einige Male in Linz bei Buchholz [sic!] und Oussoren. Die Verspätung lag am Anfang, weil die Voraussetzungen nicht fertig waren. Leider haben die Kronsteiner hiefür wenig Verständnis und glauben, der liebe Gott wird es machen.
Auch die unsinnige elektrische Pedalregistrierung geht auf dort und Haselböck zurück. Ich habe sie immer abgelehnt und vor dem Einbau der ‚Orgeltuberkulose‘, die das Instrument gefährdet, strickte [sic!] gewarnt. Aber es half nichts. Trotzdem hoffe ich, dass die Sache noch recht wird. Aber das „Fest“ ist mit falschem Balast [sic!] überladen und die Orgel kommt zu kurz.“