VERTRAGSUNTERZEICHNUNG UND BAU DER RUDIGIERORGEL
1963 bis 1968
1963 bis 1968
Bis zur Vertragsunterzeichnung zwischen dem Dommusikverein Linz und der Orgelbaufirma Marcussen & Søn über den Bau der Rudigierorgel verstrich einige Zeit – die Finanzierung musste erst gänzlich gesichert sein, zumal keine Mittel aus Kirchenbeiträgen für die Rudigierorgel verwendet wurden.
Der Werkvertrag mit der Firma Marcussen & Søn wurde – wie der Originalvertrag belegt – erst am 3. Dezember 1963 unterzeichnet. Dompfarrer Ledl vermerkt jedoch bereits in der Pfarrchronik des Jahres 1962, dass die Orgel im Juli desselben Jahres mit einer Lieferzeit von fünf Jahren bestellt wurde. Nicht nur die angegebene Lieferzeit von fünf Jahren spricht dafür, dass die Orgel wohl erst Ende des Jahres 1963 bestellt wurde.
In der Generalversammlung des Dommusikvereins Linz am 24. November 1964 wurde noch einmal das Konzept der bestellten Großorgel diskutiert. Hermann Kronsteiner (1914–1994) war bewusst, dass „[…] sie bezüglich ihrer Registeranzahl, Ausdehnung udgl. zwar nicht die größte sein wird – sie wird z.B. 70 Register haben, während die Orgel in St. Florian 110 hat – an Klangvolumen und -kombinationen wird sie jedoch alle übertreffen“ .
Kronsteiner war auch überzeugt, dass „[…] das Instrument von der besten Orgelbaufirma der Welt gebaut wird“. Außerdem verkündete er stolz, dass „[…] selbst bedeutende Künstler wie Prof. Haselböck und Heiller ...“ sich schon freuten, „[…] auf dem Instrument spielen zu können“.
1966 weist die Pfarrchronik der Linzer Dompfarre einen Eintrag auf, dass „[…] von den Waldbesitzern gegen 60 m3 hochwertiges Holz [...] für das Orgelgehäuse und den Ausbau des Chores“ gespendet wurden. Auch Bischof Franz Salesius Zauner stellte zehn Kubikmeter Lärchenholz zur Verfügung.
Aufbauarbeiten auf der Orgelempore des Mariendoms Linz.
© Archiv der Orgelbaufirma Marcussen & Søn
Das Jahr 1968 rückte näher. Das lange Warten auf die neue Orgel fand allmählich sein Ende. Bis zum Eintreffen der Orgelbaufirma Marcussen & Søn galt es den Blick auf den Aufstellungsplatz der Rudigierorgel und dessen Adaptierung zu richten. Skizzen und Pläne lagen seit den Gesprächen mit Egon Krauss auf.
Am 8. Januar 1968 begannen so die Umbauarbeiten der Chorbrüstung der Westempore, die entgegen dem ursprünglichen Plan, der Stein vorsah, aus Holz gearbeitet wurde.
Dompfarrer Josef Ledl (1901–1980) vermerkt in der Chronik der Dompfarre des Jahres 1968:
„Seit Anfang des Jahres war der rückwärtige Teil des Domes eine große Baustelle. Für die neue Orgel mußte zuerst der Chor im Turm des Domes ausgebaut werden. Auf dem Gewölbe waren nur Träme, um ein Podium für Aufführungen zu tragen.
Die Rudigierorgel mit einem Gewicht von 17 Tonnen, dazu das Gehäuse aus Eichenholz und die Abschlußwand hinter der Orgel verlangten ein starkes Tragwerk. Das 14 m hohe Orgelgehäuse wurde von der Großtischlerei Weidinger in Steyr gemacht; das Tragwerk von der Fa. Grafeneder in Garsten bei Steyr.“
Anlieferung des Spieltisches der Rudigierorgel (Mai 1968).
© Archiv der Orgelbaufirma Marcussen & Søn
Im Linzer Volksblatt wurde im Mai 1968 berichtet, dass die Orgelbaufirma Marcussen & Søn „alle Teile der Rudigier-Orgel mit Ausnahme der Pfeifen nach Linz gesandt [hat]“ und „[d]er Transport wohlbehalten am 2. Mai eingetroffen [ist]“. Gelagert wurden die bereits gelieferten Teile, deren „gediegene Fertigung“ besonders hervorgehoben wurde und von denen der „Spielschrank mit den Registerzügen für 70 Stimmen [viel bestaunt wird]“, zunächst im Dominneren vor der Turmhalle.
Auch den groben weiteren Zeitplan für das Jahr 1968 gibt dieser Artikel bereits wieder: Ende Juli sollten Prospektpfeifen und andere große Pfeifen, Ende August die restlichen Pfeifen in Linz eintreffen.
Dompfarrer Josef Ledl hielt rückblickend in der Pfarrchronik des Jahres 1968 fest:
„Seit anfangs [sic!] Mai baute die Orgelbaufirma. Es konnten leider nur wenig Personen dieses Wunderwerk des Orgelbaus in der Nähe sehen! Fachleute sind über die Ausführung voll des Lobes. Seit September wurde die schwierigste Arbeit gemacht: die genaue Stimmung der fast 6000 Pfeifen. Häufig geschah dies während der Nacht wegen des Straßenlärmes während des Tages und der Unruhe im Dom.“
Unklar war zunächst noch, ob die Weihe der Rudigierorgel tatsächlich am Patrozinium des Linzer Mariendomes am 8. Dezember 1968 erfolgen konnte – so erklärte Dompfarrer Josef Ledl in der Pfarrchronik des Jahres 1967:
„Bis zum 1.12.1968 ist die Orgel übungsfertig, sodaß ab diesem Tag die feierliche Weihe der Orgel geplant werden kann. Wann diese erfolgt, ob vielleicht erst im Frühjahr 1969, wird zu überlegen sein. Würde die Orgel bis 31.12.68 nicht fertig sein, müßte die Orgelbaufirma monatlich eine Pönale von 1 % der Bausumme zahlen.“
Franz Zamazal (1939–2016) berichtete in den Oberösterreichischen Nachrichten am 23. November 1968 schließlich von der „Generalprobe der Linzer Rudigier-Orgel“ und der überzeugenden Qualität des Instruments:
„Die Bischof-Rudigier-Orgel des Neuen Domes in Linz ist in großen Zügen fertiggestellt. Eindrucksvoll zeigen sich die silbern schimmernden Pfeifen zwischen den schweren Eichenholzaufbauten, die nur spärlicher Schmuck aus Goldplatten überhöht. Eine Klangprobe, die alle einzelnen Werke vorstellte, überzeugte restlos, daß mit der gewählten Konzeption der ganze Kirchenraum erfüllt wird. Bis zum Hochaltar klingen die einzelnen Pfeifen, auch lautstark, ohne unschön zu brüllen.“
Zamazal gibt bereits Daten und Zahlen zur Orgel an und vermerkt, dass „[die Facharbeiter der dänischen Orgelbaufirma Zachariassen] [d]ie wenigen Tage bis zum großen Weihetag noch pausenlos [benützen], um jede einzelne Pfeife genauestens zu stimmen, den Zusammenklang einzuordnen und die große, eigentümliche Klangfülle zu erzielen.“
Rudigierorgel im November 1968.
© Diözesanarchiv Linz
Das Interesse am Bau der Orgel in der Bevölkerung dürfte dabei groß gewesen sein – ebenso groß waren offenbar die Sorgen der Dommusikvereinsmitglieder, wie Ledl schildert:
„Mit großem Interesse verfolgten viele das Werden der Orgel. Wenige aber ahnen, wie viele Sorgen der Beschluß des Dommusikvereines vor 10 Jahren ausgelöst hat: dem Dom eine große Orgel zu widmen anläßlich der 100-Jahr-Feier der Grundsteinlegung am 1.5.1962!!
[In der Chronik sei vermerkt, daß der Obmann des Dommusikvereines – (Dompfarrer J. Ledl) nie diese Anregung zum Orgelbau gemacht hätte, wären die vielen Sorgen vorauszusehen gewesen! Nun seien diese vergessen]“
Nachdem der ursprünglich geplante Termin der Übergabe der Orgel zum Jubiläum 1962 nicht gehalten werden konnte, hatten viele schon an der Realisierung des Projekts gezweifelt – zu Unrecht, wie Dompfarrer Josef Ledl in der Pfarrchronik des Jahres 1968 schreibt:
„In der langen Wartezeit wurden manche ungeduldig und sagten: diese Orgel wird niemals fertig! Es klang daher fast unmöglich, als vor einem Jahr [Anmerkung des Verfassers: 1967] im Pfarrbrief gefragt wurde: wann kommt die Rudigier-Orgel?, darauf geantwortet wurde: zu Beginn des nächsten Kirchenjahres (Advent 1968) wird die Orgel bereits geweiht werden. Es ist alles tatsächlich so gekommen! Genau am 2. Mai traf der erste Transport für die Orgel ein; nun ist sie fertig!“