Ein akustischer Blindflug!
Mit der eigens für die Amtseinführung von Bischof Manfred Scheuer komponierten Fanfare für vier Blechbläser und zwei Orgeln ließ Wolfgang Kreuzhuber den Geist gleich am Beginn in den Mariendom „hereinwehen“.
Denn: In die Fanfare hat Kreuzhuber passend zum Wahlspruch „Spiritus vivificat” von Bischof Scheuer ein Motiv aus dem Hymnus „Veni creator spiritus” eingearbeitet:
Eine enge Verbindung besteht – wie man gut hören kann – zum Vorspiel zum „Halleluja”. Kreuzhuber gibt preis, dass er damit eine besondere Intention verfolgt hat: „Der Geist, der aus der Musik spricht, steht am Anfang des Gottesdienstes. Und der Geist, der aus dem Wort spricht, findet sich bei der Verkündigung des Evangeliums – so entsteht eine schöne Klammer zwischen der Eröffnungsfanfare und dem Vorspiel zum 'Halleluja'...”
Trotz der musikalischen Schlichtheit der Messe wurde durch diverse Akzentsetzungen große Feierlichkeit spürbar: die für den Kirchenraum ungewöhnliche Fanfare am Beginn, die eigens komponierten Bläservorspiele oder die Chorsätze zwischen den Gemeindestrophen als Abwechslung zum klassischen Volksgesang.
Ein akustischer Blindflug: was unmöglich scheint, muss möglich werden!
Von der Rudigierorgel aus hat man normalerweise einen herrlichen Blick auf das Geschehen im Dom und überblickt alles, was sich tut - wenn man nicht gerade auf der Orgelbank der Rudigierorgel sitzt. Nicht einmal der sonst so hilfreiche Rückspiegel konnte bei der Amtseinführung helfen, um nach vorne zu sehen, einfach weil die Scheinwerfer zu sehr blendeten. Etwas Abhilfe konnte da immerhin ein Monitor neben der Orgel schaffen.
Das Zusammenspiel mit den im Altarraum agierenden Musizierenden gestaltete sich für Kreuzhuber darum nicht so einfach: „Die Kopfhörer – wie wir sie beispielsweise beim 'Raumklang' oder bei der 'Musik für zwei Orgeln' verwenden – erleichtern das Zusammenspiel von zwei Orgeln ungemein, so lief alles nur über Zuhören... und Vertrauen. So eine Art akustischer Blindflug... am Monitor mit der Live-Übertragung sieht man halt doch nicht immer alles.”
Kreuzhuber erzählt, dass es immer ziemlich spannend ist, wenn eine Abstimmung erst am Tag X möglich ist, da bei der Generalprobe völlig andere akustische Verhältnisse als bei der Feier selbst vorzufinden sind - dies hängt natürlich von der unterschiedlichen Besucheranzahl im Dom ab. „Eine Abstimmung ist erst möglich, wenn man weiß, wie viele wirklich da sind... man muss dann sehr spontan entscheiden, welche Registrierung, welches Tempo und welche Artikulation man wählt, weil man reagieren muss - und zwar auf das, was der Raum macht!”
Und so ist es für Kreuzhuber auch nach seiner langjährigen Erfahrung noch immer eine Herausforderung, in einem so großen Raum Lieder zu begleiten. Er schmunzelt: „Etwas. was akustisch eigentlich unmöglich ist, muss möglich werden... denn der Schall kann halt nun mal nicht an jedem Punkt im Dom gleichzeitig ankommen...”
Improvisation ist gefragt!
Bei der Feier der Amtseinführung war es für Kreuzhuber übrigens nicht das erste Mal an diesem Tag, dass er an der Orgel improvisierte: bereits im morgendlichen Gottesdienst hatte er Improvisationen zu den Perikopen des Sonntags gespielt. Und er verrät, dass er da bei der Auswahl der Texte auf die Inspiration, diese musikalisch zu deuten, achtet, dass man da meistens drum schon erste Ideen für's Improvisieren hat, die genaue Ausarbeitung dann aber ganz spontan kommt.
Gerade in Gottesdiensten ist viel Improvisationsfreude gefragt: die Dauer des Einzugs, der Gabenbereitung oder der Kommunion lassen sich zumeist nicht vorhersagen, weiß Kreuzhuber.
Uraufführungen - und das fehlende Dolby Surround!
„Die Uraufführungen sind vom Konzept prinzipiell aufgegangen, auch wenn leider nicht alles so war, wie ich's mir für das perfekte Klangerlebnis gewünscht hätte...”, verrät der Domorganist. Aus aufnahmetechnischen Gründen konnte seinem Wunsch nicht entsprochen werden, die Bläser von der Balustrade spielen zu lassen, sodass diese gemeinsam mit Chororgel und Rudigierorgel drei Pole im Raum bilden und als gleichberechtigte Partner den gesamten Dom gemeinsam mit Klang erfüllen können. Und drum sind auch obige Hörbeispiele nur bedingt repräsentativ, denn genau genommen ist ohne den Raum vieles nicht hörbar – und wenn dann nur mit ganz besonderen Aufnahmetechniken à la Dolby Surround.
Umgang mit leichter Aufregung und niedrigen Temperaturen?
Auf die Frage, ob man als langjähriger Domorganist auch noch nervös und aufgeregt ist vor und bei einer solchen Feier, erklärt Kreuzhuber schmunzelnd: „Nein, es war ja nicht meine erste größere Geschichte... nervös bin ich da nicht, aber weil es einfach so viele unbekannte Faktoren gibt, bin ich einfach ein bisschen angespannt...” Schließlich wirkt sich die Anzahl der Leute auf die Nachhallzeit aus, diese wiederum auf die Registrierung - also anders als beim Konzertsaal, in dem man vieles vorher abschätzen kann.
Kommt bei so viel Konzentration auf die Gegebenheiten dann überhaupt selbst noch zum Feiern? Die Antwort ist schlicht - aber berührend: „Man ist ja mit dem eigenen Tun ein Teil des Feierns – und dadurch, dass man spielt, feiert man ziemlich intensiv...”
Und wie geht man als Domorganist mit der Kälte des Domes um? Lachend erklärt er: „Naja, zum einen bin ich's ja eh gewöhnt... und zum anderen vertraue ich da auf direkte und indirekte Mittel: winterlich gekleidet und mit Wärmflasche bepackt, das ist das eine. Und indirekt wärmt mich auch, wenn ich in mir ruhe, denn dann ist auch der Körper entspannt und mir wird nicht so schnell kalt...”
(sp)